Quo vadis Elsdorf?
admin 30. Dezember 2007
Ende diesen Jahres wird die Einwohnerzahl Elsdorfs laut Amtsblatt wieder deutlich gesunken sein, binnen eines Jahres um mehr als 100 auf gut 21.300. Nachdem die Bevökerung Elsdorfs von 1990 bis 1999 von 19.944 auf 21.767 wuchs, ist Elsdorf jetzt am schrumpfen. Wer dies allein auf die demografische Entwicklung schiebt macht es sich zu einfach: zwischen 1999 und 2005 stiegen die Einwohnerzahlen in den Nachbarkommunen Bergheim und Bedburg deutlich von 62.661 auf 63.639 bzw. von 24.190 auf 24.892, wie eine Statistik der WFG (Wirtschaftsförderungsgesellschaft Rhein-Erft) zeigt. In einem Handout eines Vortrags im Rahmen der Regionomica 2003 findet man eine Grafik über das „Positive Wachstumssaldo in den Gemeinden“ (S. 5). Es zeigt sich, dass das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Zuzug und Wegzug von allen Gemeinden des Rhein-Erft-Kreises in Elsdorf am schlechtesten ist. Natürlich fällt in diesen Zeitraum auch die Umsiedlung Alt-Etzweilers, sodass die Zahlen sicherlich etwas verzerrt sind, dennoch ist der Zusammenhang zwischen den Wanderungen und der Entwicklung der Einwohnerzahl nicht von der Hand zu weisen.
Doch woran liegt es, dass Elsdorf bei der Wahl des Wohnortes oftmals nur zweite Wahl ist? In dem oben erwähnten Handout ist eine weitere interessante Statistik (S. 10), die besagt, dass 2001 74% aller Beschäftigten mit Wohnsitz im Rhein-Erft-Kreis außerhalb des Kreises arbeiteten und entsprechend pendelten. Wenn man nun die Pendler innerhalb des Kreises hinzurechnet sind die Arbeitsplätze vor Ort also nicht ausschlaggebend für die Wahl des Wohnortes. Ein seit Jahren anhaltender Trend ist, dass Familien von der Stadt aufs Land ziehen, da die Lebensqualtität besonders für Kinder höher und die Grundstückspreise niedriger sind als in der Stadt, hier Köln. Die Grundstückspreise in Bedburg, Bergheim und Elsdorf liegen laut Landesvermessungsamt NRW auf einem vergleichbaren Niveau. In Elsdorf fehlt es aber an neuen Wohngebieten. Während in den letzten Jahren zum Beispiel in Bedburg etwa hinter dem Schloß und in Kaster (Baugebiet im Spless) große Flächen erschlossen wurden, tat sich in Elsdorf, nicht zuletzt wegen der schlechten finanziellen Lage der Gemeinde, wenig. In diesem Jahr konnte die „Bahntrasse“ als kleines Baugebiet erschlossen werden, bisher wurde aber noch kein Grundstück bebaut. Der Grundstein für ein zukünftiges Wachstum Elsdorfs ist mit dem ansprechend konzipierten Wohngebiet „zum Kapellchen“ und dem Mischgebiet an der Carl-Diem-Straße aber bereits gelegt, beide Gebiete werden in den nächsten Jahren erschlossen.
Elsdorf kann punkten mit einer hohen Zahl an Kindergartenplätzen, dem umfangreichen Vereins- und Sportangebot, einem Freibad und den umfangreichen Einkaufsmöglichkeiten, wobei die traditionellen Elsdorfer Einkaufsstraßen (Köln-Aachener, Gladbacher), nicht zuletzt durch den Konkurrenzdruck der neuen Zentren „Hinter den Gärten“ und „Carl-Diem-Straße“, an Attraktivität verlieren. Aber warum ist in Elsdorf das Verhältnis zwichen Zu- und Wegzug so schlecht? Klar, fehlende neue Wohngebiete, aber dafür stehen dutzende von Häusern leer. Einer der Hauptgründe dürfte der nahe Tagebau Hambach sein: die Bagger sind je nach Witterung deutlich zu sehen und zu hören, der Garant für Lebensqualität und Freizeitaktivitäten, der Bürge-Wald, abgeholzt und weggebaggert. Viele Elsdorfer haben ein Stück Heimat verlohren, es gibt reizvolleres als „am Loch“ zu wohnen. Auch mit dem Freizeitwert Elsdorfs steht es nicht zum Besten: unzureichende Angebote für Kinder und Jugendliche, nur wenige interessante gastronomische Angebote und Lokale, zudem ein sehr begrenztes Kulturprogramm. Eine entscheidende Rolle dürfte auch die schlechte Nahverkehrs-Anbindung spielen.
Die Möglichkeiten Elsdorf attraktiver zu gestalten sind aufgrund der finanziellen Lage der Gemeinde und den Rahmenbedingungen (Tagebau) begrenzt. Doch durch das Projekt Terra Nova und Gespräche mit dem Tagebaubetreiber RWE Power könnten ohne großen eigenen Finanzaufwand wichtige mittelfristige Verbesserungen der Lebensqualität erreicht werden: eine Aufwertung der Landschaft und Schaffung eines Naherhohlungsgebietes. Die Aufforstung des Tagebau-Nordrandes als natürlichen Puffer, Filter und Sichtschutz zwischen Tagebau und den Ortsteilen Esch, Angelsdorf, Giesendorf, Berrendorf und Wüllenrath und die Schaffung attraktiver Grünbereiche für einen höheren Freizeitwert für Jogger, Wanderer, Radfahrer, Kinder, Jugendliche und Hunde(-besitzer) sind überlegenswerte Ziele. Eine der wichtigsten Aufgaben der Politik in Elsdorf ist und bleibt, Wohnwert und Lebensqualität zu verbessern – hoffen wir, dass Rat und Verwaltung hier gemeinsam in die richtige Richtung arbeiten.