Deutschland

Elektroautos – die große Verarsche! Oder etwa nicht???

17. März 2021

Über vieles wird gerne und intensiv diskutiert, einige Themen sind dabei besonders emotionsgeladen, etwa der richtige Umgang mit Corona oder der Klimawandel. Gegner und Befürworter stehen sich sich scheinbar unvermittelbar gegenüber, Gerne werden Stammtischparolen Informationen aus fragwürdigen Quellen, gerade in den sozialen Netzwerken, übernommen, da sie der eigenen Sichtweise nahe kommen und diese zugleich manifestieren. Gleiches gilt für Elektroautos, zu denen anscheinend ebenfalls jede/r eine Meinung hat. Auf Facebook etc. finden sich hunderte Bildchen und Beiträge mit polarisierenden und provozierenden Sprüchen und dem offensichtlichen Ziel, Elektroautos und deren Nutzer (natürlich DIE GRÜNEN!1!!) zu diskreditieren. Gerne werden Studien zu der schlechten CO2-Bilanz herangezogen, auf die negativen Auswirkungen des Kobalt- und Lithiumabbaus hingewiesen, die fehlende Praxistauglichkeit herausgestellt und auf viel bessere Alternativen, etwa Wasserstoff, verwiesen. Doch wie sieht es tatsächlich aus? Welche Argumente für und gegen Elektroautos sind wirklich haltbar?

Die Flut an Presseartikeln, Untersuchungen und Gutachten zu diesem Thema ist kaum überschaubar, als aufschlussreich und recht umfassend hat sich eine Studie des Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg ifeu aus dem Jahr 2016 gezeigt (Weiterentwicklung und vertiefte Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen), auch die Informationsbroschüre des Umweltbundeamtes zu diesem Thema ist lesenswert (Wie umweltfreundlich sind Elektroautos? Eine ganzheitliche Bilanz), An letzterer orientiert sich auch grob die folgende Auflistung.


Wie klima- und umweltfreundlich sind Elektroautos?

Der Klimawandel wird hauptsächlich durch die Freisetzung von CO2 als klimaschädliches Treibhausgas bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, hier Benzin oder Diesel, verursacht (wer dies in Frage stellt braucht gar nicht weiterlesen, da Argumente und Fakten dann auch nicht mehr helfen!). Durch Elektroautos soll weniger CO2 freigesetzt werden als bei der Nutzung von konventionell angetriebenen Fahrzeugen. In einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2017 wurde dies gegenteilig dargestellt: durch die energieintensive Herstellung der Fahrzeugbatterie sei die CO2-Bilanz eines Elektroautos auf die Nutzungszeit des Fahrzeugs gesehen schlechter als die eines Verbrenners. Doch diese Studie wurde falsch interpretiert (Elektroauto-Akkus: So entstand der Mythos von 17 Tonnen CO2) und hatte methodische Fehler, sodass diese von den Verfassern selbst 2019 revidiert wurde (Schwedische Forscher korrigieren sich: Elektroautos sind viel umweltfreundlicher als angenommen). Beim heutigen Energiemix, der nach wie vor einen hohen Anteil klimaschädlichen Kohlestrom beinhaltet, ist die CO2-Bilanz von Elektroautos deutlich besser als die von Benzinern und gleichauf mit der von modernen Dieselfahrzeugen. Bei Berücksichtigung des voraussichtlichen Energiemix im Jahr 2030 (Kohleausstieg!) wird die Klimabilanz der E-Autos zukünftig deutlich besser sein, je nach getanktem Strom (Ökostrom oder Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage) ist sie es bereits schon jetzt. Diese Fakten lassen sich allerdings durch Änderung der Parameter auch falsch darstellen, wie ab und an auf Bildchen in den sozialen Medien zu lesen ist: nimmt man bei der Berechnung der CO2-Erzeugung statt der gleichen Fahrzeuggröße/Fahrzeugklasse die gleiche (theoretische) Reichweite als Auswahlkriterium, schneidet das E-Auto deutlich schlechter ab, wie folgendes Beispiel zeigt: die Reichweite eines Diesel-PKW beträgt rund 1.000 km, das entspricht der doppelten Reichweite eines guten E-Autos, etwa eines Tesla 3. Damit der Tesla 1.000 km schafft, brächte er die doppelte Batteriegröße, womit auch die doppelte Menge an Emissionen und der doppelte Bedarf an Ressourcen anfallen würde – die Werte des E-Autos wären deutlich schlechter als die des Verbrenners. Allerdings nur in diesem manipulierten Modell!

Neben CO2 setzten Kraftfahrzeuge noch weitere Schadstoffe frei, primär Stickoxide (NOx) und Feinstaub. Die Emission von Stickoxiden bei E-Autos ist bei der Fahrt NULL, doch fallen bei der Produktion und bei der aktuellen Stromerzeugung (Strommix) mehr Stickoxide an. Insgesamt jedoch ist die NOx-Bilanz bei E-Autos besser als bei Verbrennern (Luftschadstoffe und Lärm: Mehr Elektroautos – mehr Lebensqualität?). Beim Feinstaub ist die Situation nicht immer eindeutig: da der Produktionsprozess bei E-Autos aufwändiger ist, fällt dabei etwas mehr Feinstaub an und durch das höhere Gewicht ist der Reifenabrieb höher, wodurch ebenfalls Feinstaub freigesetzt wird (OECD-Studie: Feinstaubalarm für E-Autos). Dagegen dürfte die Feinstauberzeugung durch das Bremsen aufgrund der Rekuperation (Energierückgewinnung durch den Elektromotor) bei E-Autos geringer sein als bei Verbrennern, bei denen die Bremsscheiben stärker abgenutzt werden, wodurch Feinstaub entsteht.

Doch auch bei der Produktion entstehen Umweltschäden, die zu berücksichtigen sind, Hier führten insbesondere die Gewinnung von Kobalt (Kobalt aus dem Kongo: Der Makel der E-Mobilität), Lithium (Lithium-Abbau in Südamerika – Kehrseite der Energiewende) und Seltenen Erden (u.a. aus China) zu teils berechtigter Kritik – nicht nur wegen der Umweltzerstörung, sondern auch wegen der teils menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Dass an ressourcenschonenden Batterien gearbeitet wird (Kobaltfreie Batterien für nachhaltige Elektromobilität), Recyclingkreisläufe entwickelt werden (Elektroauto-Akkus: Wie das Recycling funktioniert) und Arbeitsbedingungen allmählich in den Fokus kommen (Volkswagen setzt sich für verbesserte Arbeitsbedingungen im Kleinstbergbau von Kobalt im Kongo ein) ist zumindest ein Anfang. Gerne wird es allerdings so dargestellt, als wäre nur bei Elektroautos die Produktion und der Betrieb problematisch: auch bei Verbrennern werden für die Produktion Ressourcen benötigt, zudem ist die Gewinnung von Erdöl sicher eines der dreckigsten Geschäfte – im wahrsten Sinne des Wortes (Ölkatastrophe im Nigerdelta; Ölpest im Golf von Mexiko 2010, …). Über den sehr hohen Wasserverbrauch für die Gewinnung von Lithium wurde viel diskutiert, auch hierzu werden Bildchen tausendfach auf Facebook etc. geteilt. Allerdings handelt es sich auch hierbei ziemlich offensichtlich um Stimmungsmache und Framing, wie die Kollegen des Portals „Volksverpetzer“ ausführlich darlegen (Faktencheck Wasserverbrauch: So “verarscht” dich dieses Bild über E-Autos). Ähnlich verhält es sich mit den gerne geteilten Bildern über die Kinderarbeit zur Kobaltgewinnung im Kongo, zu dem mimikama.at und Das Korrektiv Faktenchecks gemacht haben (Faktencheck: Kinderarbeit „damit SIE ein Elektroauto fahren können“; „Das ist Kanku“: Diese falsche Geschichte eines Jungen aus dem Kongo soll Stimmung gegen Elektroautos erzeugen).

Unterm Strich lässt sich sagen, dass es tatsächlich Defizite bei der Beschaffung der Ressourcen für Elektroautos gibt, bei weitem aber nicht in der Größenordnung wie gerne kolportiert und nicht nur bei der Ressourcengewinnung für Elektroautos, sondern auch für DEIN Handy oder DEIN Verbrenner-Auto. Dennoch ist zu hoffen, dass diese weiter minimiert bzw. behoben werden. Die ökologischen Vorteile der Elektroautos, insbesondere wenn der Strom aus regenerativen Energien stammt, überwiegen schon heute deutlich.


Wie praxistauglich sind Elektroautos?

Ganz klar: ein E-Auto passt nicht zu jedem. Wer etwa öfters auf längeren Strecken einen Wohnwagen oder Anhänger zieht wird mit einem E-Auto wenig Spaß haben, da die Reichweite dann doch arg in die Knie geht und die Ladesäulen mit Hänger kaum anzufahren sind. Aber ansonsten? Da kann (fast) jeder auf ein E-Auto umsteigen. Denn E-Autos gibt es nämlich mittlerweile in fast allen Größen, vom Kleinstwagen (z.B. Smart EQ, VW E-Up!) über Sportwagen wie den Porsche Taycan bis bin zum familientauglichen SUV (Audi e-tron) oder Familien-Van (Mercedes EQV). Auch E-Transporter bzw. E-Lieferwagen gibt es, etwa den Opel Vivaro-E. Die Reichweiten liegen je nach Modell zwischen (sehr niedrigen!) 150 km beim als Stadtauto konzipierten Smart EQ bis hin zu 400 bis 500 km bei den gängigen Mittel- und Oberklassefahrzeugen. Die umliegenden Städte Köln, Aachen, Mönchengladbach, Düsseldorf sind alle im Umkreis von max. 60 km und lassen sich so sogar mit einem einfachen, relativ günstigen Elektroauto problemlos erreichen, gleiches gilt für die meisten Arbeitsplätze und die typischen Ziele im Nahbereich (Schule/Kitas, Supermärkte, Sport, Freunde, etc,.). Wenn man nicht gerade im Außendienst tätig ist sind längere Strecken eher selten, auch Urlaubsfahrten sind zwar einzuplanen, aber je nach Entfernung auch mit dem E-Auto ohne Ladestopp oder mit nur wenigen schaffbar, so lässt sich mit einem typischen Mittelklasse-Elektroauto wie dem Hyundai Kona die holländische Küste von hier aus problemlos ohne Zwischenstopp erreichen. Öffentliche Ladestationen findet man mittlerweile tausende in ganz Europa, sodass auch „Tankstopps“ recht einfach, wenn auch aufgrund der Ladezeit etwas zeitaufwändiger als bei Verbrennern (meist rund 1 Stunde von 10 % auf 80% der Batteriekapazität, was je nach Fahrzeug weitere 120 bis 400 km Reichweite bedeutet), möglich sind. Zahlreiche Reiseberichte mit E-Autos etwa nach Sardinien oder Portugal zeigen dies eindrucksvoll.

Doch es gibt auch Nachteile: bei kalten Temperaturen sinkt die Reichweite und (je nach Fahrzeug) die Ladeleistung, zusätzliche elektrische Verbraucher wie die Heizung verbrauchen weiteren Strom – allerdings wird auch hierbei gerne übertrieben, der Stromverbrauch der Heizung beträgt zwar rund 2-3 kWh, im Stau reicht dies bei halbwegs geladenem Akku dennoch für einige Stunden Wärme, ohne dass dem E-Auto die Leistung ausgeht (Elektroautos im Winter: Reichweitenverlust verringern).

Und wie wird „getankt“? Außensteckdosen oder Strom in der Garage haben die meisten Häuser – mehr braucht man mit dem passenden Anschlusskabel meist nicht, um ein E-Auto zu laden, schließlich steht das Auto die meiste Zeit zuhause und es gibt somit ausreichend Zeit zum Laden, auch wenn langsam geladen wird! Komfortablere und schnellere Wallboxen lassen sich leicht nachrüsten und werden zurzeit von der KfW mit 900 Euro gefördert (Ladestationen für Elektroautos – Wohngebäude), zudem bieten mehr und mehr Arbeitgeber Lademöglichkeiten. So muss man eigentlich nur bei längeren Fahrten auf die öffentliche Ladeinfrastruktur zurückgreifen, oder man nutzt diese „nebenbei“ beim Einkaufen, etwa im Kaufland in Bergheim, wo es im Parkhaus kostenfreie E-Ladesäulen gibt.


Was kostet der Spaß?

Aktuell sind E-Autos in der Anschaffung einige tausend Euro teurer als vergleichbare Verbrenner. Durch die finanzielle Förderung der E-Mobilität durch Hersteller und BAFA reduziert sich der Anschaffungspreis für E-Autos um 9.000 Euro (BAFA), wodurch diese in der Anschaffung je nach Modell und Angebot bereits günstiger sind als vergleichbare Verbrenner. Besonders deutlich zeigt sich dies zurzeit beim Leasing, da die 9.000 Euro Förderung bei einigen Anbietern in die Leasingzahlungen der ersten 2 Jahre mit einfließen und so E-Autos teils für unter 100 Euro/Monat geleast werden können. Aber auch unabhängig von der Förderung sind Preissenkungen bei E-Autos abzusehen, da durch optimierte (Baukasten-)Systeme und Neuentwicklungen etwa bei den Batterien die Produktionskosten sinken werden (Volkswagen Power Day: Investitionen in noch mehr Batteriezellen).

Die laufenden Kosten bei E-Autos liegen schon jetzt deutlich unter denen der Verbrenner: selbst bei den aktuell hohen Stromkosten sind diese auf den Kilometer gerechnet günstiger als Benzin oder Diesel, was auch am höheren Wirkungsgrad des Elektromotors liegt. Beispiel: bei einem typischen Verbrauch von 17,5 kWh Strom/100 km zahlt man beim Strompreis von 0,30 Euro/kWh für 100 km 5,10 Euro, bei 6L Benzin/100 km bei einem Literpreis von 1,19 Euro 7,14 Euro/100 km, also rund 2 Euro mehr. Zudem fallen Dank weniger Verschleißteile geringere Wartungs- und Reparaturkosten an. Hinzu kommt, dass E-Autos bis 2030 von der KFZ-Steuer befreit sind.

Bei der Neuanschaffung eines Fahrzeugs sollte man sich also schon allein aus finanzieller Sicht mit dem Thema E-Mobilität beschäftigen, da ein E-Auto bereits heute unterm Strich deutlich günstiger sein kann als ein vergleichbarer Verbrenner.


Und wie sieht’s aus in Elsdorf?

Fakt ist, dass viele Kommunen, auch Elsdorf, nicht auf Elektromobilität eingestellt sind. Die Elsdorfer Verwaltung verfügt(e) über ein Elektrofahrzeug (BMW i2) zur mobilen Verkehrsraumüberwachung, die einzigen beiden öffentlichen Ladesäuen auf Stadtgebiet befinden sich am Tagebau-WerbeInformationszentrum Forum Terra Nova. Am Rathaus gibt es lediglich eine öffentliche Handy-Ladestation (kein Scherz). Für eine Energieregion und Kommune mit dem großen Partner RWE an der Seite erwartet man da eigentlich mehr. Andere Städte sind da deutlich weiter, mit nur 2 Ladesäulen bei rund 22.000 Einwohnern ist Elsdorf weit abgehängt, Spitzenreiter in Deutschland ist Regensburg mit einer Ladesäule je 697 Einwohner (In welcher Stadt gibt es die meisten Ladesäulen?). Dabei gibt es bereits E-Autos in Elsdorf, dem geneigten Verkehrsteilnehmer werden neben Hybrid-Fahrzeugen eine wachsende Zahl an Hyundai Konas, E-Smarts, Teslas, VW E-UPs, Nissan Leafs etc. aufgefallen sein. Für die Immobilienbesitzer ist zudem die Kombination mit einer Photovoltaikanlage interessant, mehr dazu in einem späteren Beitrag,

Die automobile Zukunft!? – Update Elektroautos

28. Februar 2009

Bereits im letzten Jahr wurden hier im ::elsdorf-blog.de:: verschiedene interessante Konzepte für alternative Antriebsformen für unsere Autos vorgestellt.

 

Nicht zuletzt durch die immensen Schwankungen der Benzinpreise und die Krise der Automobilbranche, die nun wirklich jedem zeigt, dass die bisherige Modellpolitik gerade der deutschen Hersteller (lieber immer größer und schneller statt effizienter) am Markt vorbei geht, woran auch „Spritspar-Mogelpackungen“ und schöne Wortschöpfungen der Hersteller nichts ändern, rücken alternative Antriebsformen, insbesondere der Elektro-Antrieb, wieder vermehrt in den Fokus.

 

Weltweit gibt es Pilotprojekte, etwa von Better Place, die unter anderem in Israel (das Land bietet sich aufgrund der besonderen geographischen und politischen Situation an) in den nächsten Jahren eine komplette Elektroauto-Flotte inklusive einem flächendeckenden Netz von Elektro-Zapfsäulen und automatisierten Batterie-Wechselstationen aufbauen wollen, von BMW initiierte Projekte zusammen mit E.ON in ausgewählten Großstädten, und Daimler zusammen mit RWE, was man aber in Anbetracht des branchenüblichen „Greenwashings“ (eine interessante Studie (.pdf, ca. 1,57 MB) hierzu gibt’s von LobbyControl) aber erst mal kritisch beobachten sollte.

 

Trotz aller Euphorie und allem Fortschrittswillen: Elektroautos sind von der CO2-Bilanz nur dann sinnvoll, wenn der Strom nicht aus Braun- oder Steinkohlekraftwerken (incl. den vielgepriesenen „modernen“ Kraftwerken) stammt. Dieses Problem dürfte sich allerdings spätestens in wenigen Jahrzehnten, wenn die Kohlerverstromung als primäre Energieform Vergangenheit ist, von selbst gelöst haben. Elektroautos könnten dann sogar als effiziente Energiepuffer bei schwankender Wind- und Solareinspeisung dienen.

 

Klotzen statt kleckern?!

20. Dezember 2008

Die Jahre des Aufschwungs scheinen erst einmal vorbei, für 2009 und vielleicht auch die dann folgenden Jahre wird mit einer Rezession gerechnet, viele Konjunkturprognosen zeigen deutlich nach unten. Finanzminister Peer Steinbrück hatte noch im Frühjahr von einem schuldenfreien Haushalt 2009 geträumt – alles Makulatur. Die für 2010/11 geplanten Überschüsse haben sich auch erledigt, die Gesamtschulden in Höhe von 1576 Milliarden Euro werden auf Dauer noch weiter kräftig wachsen. Wenn es die Bundesregierung in wirtschaftlich guten Zeiten nicht schafft, den Haushalt in Ordnung zu bringen, wird dies in schlechteren Zeiten erst recht nicht gelingen.

Für den Haushalt  2009 ist eine Neuverschuldung von 18,5 Milliarden Euro vorgesehen, selbst dies wird wohl nicht ausreichen, von mehr als 30 Milliarden ist jetzt die Rede. Doch das ist bei weitem nicht alles – der Kapitalbedarf des Bundes um Haushalt, Bankenhilfe und weitere Ausgaben zu bedienen liegt 2009 voraussichtlich bei 323 Milliarden (!) Euro. Zum Vergleich: der bislang höchste Bedarf bisher lag bei rund Tags: , , , , ,

„Kriegszustand“?

7. Oktober 2008

Während ganz Deutschland wegen der Bankenkrise zittert und hochachtungsvoll auf die Kanzlerin und den Finanzminister sieht, die uns Sparern im Alleingang eine Garantie auf unsere privaten Spareinlagen in Höhe von insgesamt gut 1.600.000.000.000 Euro geben, ohne dafür auch nur irgendeine rechtliche Legitimation (und Handhabe) geschweige denn von Seiten des Staates die Mittel zu haben, hat sich die Koalition darauf verständigt, dass die Bundeswehr zukünftig auch im Inland bei „Unglücksfällen“ und zur Terrorbekämpfung eingesetzt werden darf.  Ein Militäreinsatz soll angeordnet werden können, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichen. 

Schon jetzt ist das Militär  bei humanitären (Hilfs-)Einsätzen innerhalb Deutschlands aktiv, und das ist richtig so. Bei der Oderflut vor einigen Jahren wurden 30.000 Soldaten eingesetzt, auch im Rahmen der Amtshilfe kommt Militär zum Einsatz, etwa wenn schweres Gerät zum Bergen erforderlich ist. Doch nun soll das Grundgesetz geändert werden: Ziel ist nicht der friedliche, humanitäre Einsatz, sondern der militärische. Panzer gegen den Terror. Soldaten töten in Deutschland.

Wie heikel diese neue Regelung ist und dass es nicht nur um den Abschuss gekaperter Flugzeuge geht wird in einem Kommentar im Kölner Stadtanzeiger aufgezeigt. So könnte schon bei Demonstrationen, etwa gegen den Nato-Gipfel im nächsten Frühjahr, das Militär eingesetzt werden. Mit unabsehbaren Folgen. Die Ausbildung und das Vorgehen der Polizei ist in einigen Fällen schon fragwürdig. Wer seinen Wehrdienst abgeleistet hat weiß, was für Intelligenzbestien bei der Bundeswehr unterwegs sind und dass friedliche Konfliktlösung und Deeskalationstraining dort eher nicht auf der Tagesordnung stehen. Mit Toten muß man rechnen.

Ihr Kinderlein kommet – Teil 2

16. September 2008

Bereits im Dezember letzten Jahres wurde hier im Blog ein ausführlicher Beitrag über das Elterngeld und die daraus resultierenden Umverteilungen veröffentlicht. 

Nun erst, ein dreiviertel Jahr nach Einführung des Elterngeldes, scheinen auch die Wohlfahrtsverbände nachgerechnet zu haben und – aha – gesehen zu haben, dass das Elterngeld sozial ungerecht ist. Je höher das Einkommen des Elternteils, das in Elternzeit geht, umso mehr Elterngeld erhält die Familie. Familien und Alleinerziehende mit einem geringen Einkommen stehen sich deutlich schlechter als beim Erziehungsgeld, ebenfalls Familien mit mehreren Kindern, da die Voraussetzung, um mehr als den Sockelbetrag zu bekommen ist, dass der Elternteil, der nun zu Hause bleibt, vorher berufstätig war, was oftmals u.a. mangels Betreuungsmöglichkeiten nach dem ersten Kind nicht mehr gegeben ist. 

Die aus dem Elterngeld resultierende Ungerechtigkeit ist bei den Politikern in Berlin aber immer noch nicht angekommen oder sogar so gewollt, im Prinzip als „Karnickelprämie“ für Besserverdienende, damit auch Akademiker bereit sind, sich fortzupflanzen. Darauf näher einzugehen, dass für mehr Kinder insbesondere aus „besseren Schichten“ allerdings andere Faktoren, etwa Krippenplätze, flexible Arbeits(zeit)modelle und eine kinderfreundlichere Gesellschaft entscheidender sind, würde hier den Rahmen sprengen und wird sicher an dieser Stelle zu einem späteren Zeitpunkt noch mal aufgegriffen.

Was die erneute (bzw. erstmalig wirkliche) Diskussion über die einkommensabhängige Verteilung des Elterngeldes bringen wird? Mit viel Glück mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für die, die es nötig haben und nicht wie bisher für die Besserverdienenden. Sehr wahrscheinlich ist dies allerdings nicht. Der Sockelbetrag von 300 Euro wird laut Caren Marks, Sprecherin der Arbeitsgruppe Familie in der SPD-Bundestagsfraktion, jedenfalls nicht angehoben werden.

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